Barbis: Burgruine Scharzfels Fst.Nr. 22
(R 35 97 700; H 57 22 450)
Die Burg Scharzfels war im 12. Jahrhundert auf Klippen
des Zechsteindolomits erbaut worden. Kleinhöhlen in diesem Bereich wurden durch
die Burgerbauer vollständig verändert, im unteren Burghof befindet sich
allerdings ein größeres Abri. Hier ließ Jacob-Friesen 1950 in Rahmen seiner
neuen Grabungskampagne einen Suchschnitt anlegen In dem Profil zeigte sich, daß
erst in einer Tiefe von 1,30 m unter der heutigen Lauffläche ungestörter
Dolomitsand ansteht. In einer Tiefe von über 2 m stieß er auf
Höhlenbärenknochen: eine eindeutige Befundlage für ein pleistozänes Alter
der Schicht.
Ursus spelaeus: Knochenbruch, Eckzahn, Backenzahn.
Förste: Gipsbruch "Peinemann" Fst.Nr. 17
(R 35 87 540; H 57 33 370)
Im Jahre 1974 wurde bei Abraumbeseitigungsarbeiten im
Steinbruch ein Mammutstoßzahn, der sich jetzt in der Ausstellung des
Heimatmuseums "Im Ritterhaus" in Osterode befindet, freigelegt. Bei
den sofort durch das Geolog. Institut der Universität Göttingen erfolgten
Grabungen (Jahnke & Denecke 1976) konnten an dieser Stelle und in einer
weiteren Schlotte zahlreiche Säugetierknochen geborgen werden, die neben dem
Mammut von nahezu 10 weiteren Arten stammen. Die Zusammensetzung der
Säugetierfauna - in Verbindung mit ebenfalls gefundenen Schneckenarten -
spricht für eine Datierung der Dolinensedimente in die mittlere
Weichsel-Eiszeit. Die Knochen sind somit ca. 30.000 Jahre alt.
Coelodonta antiquitatis: Skeletteile; Mammuthus primigenius:
Stoßzahnfragment, Backenzähne, Skeletteile; Rangifer tarandus:
Geweihteile; Megaloceras giganteus: Kiefernbruchstück.
Kleinsäuger: Arvicola terrestris, Sorex araneus, Microtus arvalis/agrestris,
Lemmus lemmus.
Neuhof: Gipssteinbruch Kranichstein Fst.Nr.1
Bei dieser Fundstelle handelt es sich um einen Gipssteinbruch
ca. 2,5 km südöstlich von Bad Sachsa im Höhenzug des Kranichsteins, am Rande
der Ortschaft Neuhof gelegen. Geborgen wurden vor allem Anfang der 1950er Jahre
immer wieder Großsäugerknochen.
Bos/Bison sp., Coelodonta antiquitatis, Ursus spelaeus,
Sus scrofa.
Das Fundgut beinhaltet u.a. den bislang größten in
Niedersachsen gefundene Höhlenbärenunterkiefer.
Osterode/ Düna: Kleine Jettenhöhle Fst.Nr.28
(R 35 88 000; H 57 28 000)
In den Jahren 1968 bis 1970 wurden von der
"Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Niedersachsen" in der Kleinen
Jettenhöhle im Hainholz bei Düna Vermessungsarbeiten und Sondiergrabungen
durchgeführt. Neben umfangreichem archäologischem Inventar konnten dabei auch
Knochen und Zähne kleiner Säugetiere geborgen werden.
Vulpes vulpes, Microtus sp.; diverse Fledermaus- und
Nagetierknochen.
Osterode/ Düna: Großes Schlottenfeld (R 35 88 000;
H 57 28 800)
Im Hainholzgebiet wurden zudem 1979 archäologische
Sondierungsgrabungen in verschiedenen kleineren Dolinen durchgeführt (Grote
1979). wurde Eine geolog. Alterseinstufung des ergrabenen Fossilfundgutes war
nicht möglich.
Bos taurus, Cervus elaphus, Equus caballus, Ovis aries, Sus
scrofa.
Osterode: Gipsbruch "Niedersachsenwerk" Fst.Nr.35
(R 35 82 240; H 57 32 200)
1963 waren bei Baggerarbeiten in einer dabei angeschnittenen
Doline je ein Bison- und ein Wollnashornschädel geborgen worden. Daraufhin
wurden von O. Sickenberg (Hannover) Grabungen an dieser Stelle vorgenommen.
Insgesamt konnten 5 Großsäugerarten einer früh-weichselzeitlichen Fauna
nachgewiesen werden:
Bison priscus: Schädel und Skeletteile; Coelodonta
antiquitatis: Schädel und Skeletteile; Equus sp.: Knochen; Panthera
spelaea: Knochen; Rangifer tarandus: Knochen und Geweihteile.
In diesem Steinbruch wie auch in den südlich gelegenen
Gipsbrüchen Hannersberg und Harkenfeld sowie weiteren Brüchen bei Förste
konnten in den letzten Jahren wiederholt Großsäugerknochen geborgen werden,
vor allem von Coelodonta antiquitatis, Mammuthus primigenius, Equus
sp. und von Cerviden.
Für den Bereich von Osterode/Förste/Dorste gibt Sickenberg
(1969: 102-105) weitere Säugetierfunde in verschiedenen Fundstellen an, bezieht
sich dabei aber auch auf ältere Veröffentlichungen. Unter anderem für Förste
und Osterode angegeben, in anderen Fundinventaren aber nicht aufgeführt, ist Crocuta
spelaea.
Auch in Baugruben im Bereich Osterode (Kälbergraben),
Pöhlde und Wulften wurden in den letzten Jahrzehnten vereinzelt Funde von Mammuthus primigenius
und Coelodonta antiquitatis gemacht.
Scharzfeld: Steinkirche Fst.Nr.1 (R 35 95 650;
H 57 22 980)
Bei den Ausgrabungen Jacob-Friesens, Provinzialmuseum
Hannover, nach 1920 an der Steinkirche wurden neben Artefakten und menschlichen
Knochenresten auch viele Fossilien geborgen: Wirbeltierknochen von Säugern,
Vögeln, Amphibien und Fischen sowie Mollusken-Schalen. Schlosser (1927) führte
die Erstbestimmung der Funde durch. Aus der Verteilung der fast 50
Vertebraten-Arten auf die einzelnen Schichten folgerte Schlosser, daß innerhalb
der Sedimentationszeit eine Klimaverbesserung eintrat. In den liegenden
Schichten herrschen noch kaltzeitliche Formen mit Rangifer tarandus
(Rentier) als prägendes Element vor. Diese Fauna, von Sickenberg (1969) ins
Alleröd gestellt, wird abgelöst von einer dem Präboreal zugeordneten Fauna,
die zwar noch kaltzeitliche Reliktelemente wie Lagopus lagopus und L.
mutus enthält, aber bereits durch Talpa europaea (Maulwurf) und
Wühlmausarten geprägt ist.
Im ganzen gibt Schlosser folgende, von Zotz (1930) und
Sickenberg überarbeitete Wirbeltier-Faunenliste für die Steinkirche an
(Nomenklatur aktualisiert):
pleistozäne Schichten:
Sorex alpinus, Sorex minutus; Phodopus sungorus, Lemmus
lemmus, Dicrostonyx henseli, Arvicola terrestris, Microtus agrestis, Microtus
arvalis, Microtus oeconomus, Microtus nivalis, Microtus gregalis; Lepus timidus,
Ochotona pusilla; Alopex lagopus, Vulpes vulpes, Mustela nivalis, Mustela
erminea; Rangifer tarandus, Capreolus capreolus, Bos sp., Equus sp.; Lagopus
mutus, Lagopus lagopus, Tetrao tetrix, Anas sp., Rallus sp., weitere
Vogelarten; Esox lucius, weitere Fischarten.
holozäne Schichten:
Talpa europaea, Sorex alpinus, Sorex minutus; Cricetus
cricetus, Lemmus lemmus, Arvicola terrestris, Microtus agrestis, Microtus
arvalis, Microtus oeconomus, Microtus gregalis; Alopex lagopus, Vulpes vulpes,
Mustela herminea, Mustela krejcii; Capreolus capreolus, Bos sp.; Lagopus mutus,
Lagopus lagopus, Tetrao tetrix, Anas sp., Rallus sp., weitere Vogelarten;
Rana temporaria; Triton sp., Esox lucius, weitere Fischarten.
Weitere Grabungen waren in der Steinkirche nicht möglich, da
durch eine der Jacob-Friesen-Kampagne in den 1930er nachfolgende SS-Grabung, die
der Suche "Germanischer Kultstätten" galt, das gesamte Areal Vorplatz
und Höhle systematisch durchwühlt wurde und somit für moderne
Untersuchungsmethoden keine (Be)funde mehr übrig sind.
Scharzfeld: Abris am Schul-Berg Fst.Nr. 10,11,12,25,27,29
(mehrere Fundstellen um R 35 96 100;
H 57 23 000)
Die neben der Steinkirche und der Einhornhöhle im
Dolomitkarst der Umgebung von Scharzfeld vorhandenen weiteren Kleinhöhlen und
Abris weisen ebenfalls quartäre Faunenreste auf. Untersucht wurden die Abris am
Schulberg und dem Steinberg von Zotz (1930), die Bestimmungsarbeiten der
Vertebraten wurden wie auch bei den Steinkirchen-Funden von Schlosser
durchgeführt. Eine Zusammenfassung der Grabungsbefunde unter Einbeziehung der
zeitlichen Stellung der Faunen erfolgte durch Grote (1982). Beide Autoren geben
die folgenden Fundkomplexe an (die Wirbeltiernamen wurden jetzt der gültigen
Nomenklatur angepaßt):
Abri Schul-Berg/ Jugendheim (überwiegend holozäne Formen):
Vesperugo sp.; Erinaceus europaeus; Arvicola terrestris,
Microtus oeconomus, Clethrionomys glareolus, Apodemus sylvaticus; Vulpes vulpes;
Capreolus capreolus; Bufo bufo, Rana esculenta.
Abri Schul-Berg/ Felsenburg (überwiegend holozäne Formen):
Vespertilio sp.; Arvicola terrestris, Microtus sp.; Lepus
timidus; Felis silvestris; Capreolus capreolus, Cervus elaphus, Sus scrofa, Bos
sp., Ovis sp.; Rana esculenta; Gallus sp., Turdus sp., Coccothraustes sp..
Abri Schul-Berg/ Lüttje Kammer (obere holozäne Schichten):
Bufo bufo; Sciurus vulgaris, Castor fiber; Lepus timidus;
Felis silvestris, Vulpes vulpes, Martes martes; Sus scrofa, Ovis sp., Cervus
elaphus, Capreolus capreolus; Corvus sp., Nucifraga caryocatactes, Picus sp..
Abri Schul-Berg/ Lüttje Kammer (liegende Schicht mit
holozänen "Wühlern", aber auch pleistozänen Formen):
Sorex araneus; Cricetus cricetus, Arvicola terrestris,
Microtus agrestis, Microtus arvalis, Microtus oeconomus, Dicrostonyx henseli,
Apodemus sylvaticus; Lepus sp.; Mustela nivalis, Mustela krejcii; Rana sp.,
Salamandra salamandra; Lagopus lagopus; Ardea sp.; Pisces indet..
Abri Schul-Berg/ Wasserwerk (holozäne Formen):
Erinaceus europaeus; Castor fiber, Microtus sp.; Lepus sp.;
Lynx lynx, Vulpes vulpes, Meles meles; Capreolus capreolus, Bos sp., Cervus
elaphus; Rana sp.; Columba sp., Corvus sp., Gallus sp., Lagopus lagopus, Tetrao
tetrix, Aves indet..
Abris Steinberg:
Cricetus cricetus; Sus scrofa, Bos sp.; Vulpes sp., Martes
martes.
Die genannten Abris sind größtenteils vollständig gegraben
und teilweise durch Straßenbautätigkeit in den 1970er Jahren stark in
Mitleidenschaft gezogen worden, moderne Untersuchungen somit nahezu
ausgeschlossen. Abris-Grabungen im potentiellen Fundgebiet der Einhornhöhle
stehen allerdings insgesamt noch aus, wobei an den Brandköpfen und den
Rottsteinklippen eine Vielzahl an Abris und zusedimentierten Kleinhöhlen, u.a.
die Kaiserklippenhöhle im Bereich eines heute zerfallenen, ursprünglichen
Höhlenportals der Einhornhöhle, vorhanden ist.
Walkenried
Ohne genaue Fundlokalitäten gab schon Struckmann (1884) für
Walkenried nur eine Fossilliste an, die von Sickenberg (1969) und auch hier nur
wiederholt werden kann:
Bison priscus, Bos primigenius, Cervus elaphus, Coelodonta
antiquitatis, Equus sp., Rangifer tarandus.
Ausblick
Der vorliegende Beitrag hat u.a. aufgezeigt, daß sich zwar
bereits "Generationen" von Paläontologen und Urgeschichtlern mit der
Materie Südharz-Quartärsäugetiere befaßt haben, die Erforschung dieses
Fachbereiches aber noch lange nicht abgeschlossen ist. Im Gegenteil, gerade
durch die letzten Untersuchungen der Einhornhöhle und ihrer Umgebung wurde
deutlich, daß hier noch viele paläontologische und archäologische Funde der
Entdeckung harren. Ein reiches Betätigungsfeld zukünftiger interdisziplinären
Grabungen.